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Unser AMEOS Chirurgischer Newsletter

Chirurgischer Newsletter

«Lipom» in der Rektusscheide

Fallbeschrieb

Anamnese

Eine 69-jährige Patientin bemerkte im Winter eine schmerzlose Schwellung im linken Oberbauch. Nun erfolgt eine Computertomographie, die einen grossen, spindelförmigen, glatt berandeten Tumor in der Loge des Musculus rectus abdominis links darstellen kann. Die Patientin fühlt sich ansonst gesund. Sie nimmt Medikamente gegen Hypertonie, Hypercholesterinämie sowie Vitamin D-Mangel.

Klinischer Befund

Schlanke, sportliche Frau. Sichtbare Vorwölbung im linken Oberbauch. Palpatorisch eher weich, dezent verschieblich, fixiert bei Muskelanspannung, indolent.

Sonographie

Kapsulierter, ovalärer, echoreicher, homogener, hypovaskularisierter (Doppler) Tumor hinter dem Musculus rectus abdominis, diesen nach vorne ausspannend, vor der hinteren Rectusaponeurose liegend. Ca. 10x10x5 cm.

Operation

Aufgrund der guten Einkapselung kann der Tumor mit einem gesunden Randsaum vollständig in sano und ohne anatomischen Defekt oder Funktionsverlust der Bauchdecke exstirpiert werden.

Makroskopie

176g schweres, einseitig längs eingeschnittenes Weichteilexzidat, lipomatös imponierend und enkapsuliert.

Makroskopischer Aspekt

Histologisches Bild (die optisch leeren Räume entsprechen reifen Fettzellen)

Mikroskopische Beschreibung und Diagnose (Institut für klinische Pathologie, Stadtspital Triemli)

Histologisch vollständig von einer zarten bindegewebigen Kapsel überkleideter reifzelliger lipomatöser Tumor mit spindelzelligen Anteilen. Der reifzellige Tumor zeigt vereinzelt vergrösserte Adipozyten mit teils etwas vergrösserten, leicht hyperchromatisch wirkenden Zellkernen. Keine vermehrten Mitosen. Immunhistochemie: Keine nukleäre Expression von Beta-Catenin. Keine Expression von MDM2 und CDK4 in den spindelzelligen Anteilen sowie in den Adipozyten.

Molekulare-Analyse (FISH) (Institut für klinische Pathologie, Stadtspital Triemli)

MDM2- chromogene in situ Hybridisierungsanalyse (CISH) negativ (keine Amplifikation).

Diagnose

Fibrolipom

Bemerkung

Die meisten Weichteiltumore sind Lipome, die klinisch und sonographisch sicher diagnostiziert werden können. Lipomatöse Weichgewebstumor ausserhalb der Subcutis – hier in der Muskelloge – sind prinzipiell suspekt. Vor einer radikalen Tumorresektion mit Funktionsverlust («wide excision») sollte eine histologische Klärung erfolgen. In diesem Fall deutete die Bildgebung sehr auf einen gutartigen Tumor hin, der folgerichtig im Gesunden unter Zuhilfenahme der Lupenbrille i.S. einer «excisionalen Biopsie» exstirpiert wurde. Die konventionelle Histologie wird durch Immunhistochemie und moderne Molekularanalyse ergänzt. Nach Bestätigung der Diagnose eines benignen Fibrolipoms kann auf eine Komplettierungs-Resektion verzichtet werden. Der Hausarzt kontrolliert die Heilung und den weiteren Verlauf. Sportliche Aktivitäten sind rasch möglich, weil das hintere Rectusscheidenblatt nicht incidiert wurde. Ich danke PD Dr. med. Sylvia Höller, Institutsleiterin und Chefärztin des Instituts für klinische Pathologie, für die Befundung und die Bilder.

Weiterführende Literatur

Clay MR, Martinez AP, Weiss SW, Edgar MA. MDM2 Amplification in Problematic Lipomatous Tumors: Analysis of FISH Testing Criteria. Am J Surg Pathol. 2015 Oct;39(10):1433-9. doi: 10.1097/PAS.0000000000000468. PMID: 26146760..

Prof. Dr. med. Dr. h.c.

NORBERT RUNKEL

Chefarzt Chirurgie, 
Leiter der Klinik für Chirurgie,
Facharzt FMH für Chirurgie, speziell Viszeralchirurgie und Intensivmedizin
AMEOS Spital Einsiedeln

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