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Individuell gefertigte Knieprothesen aus dem 3D-Drucker
Der 3D-Druck, als innovatives Fertigungsverfahren in der Industrie bereits etabliert, hält nun auch Einzug in die medizinische Prothetik. Er eröffnet namentlich für Patienten mit einer Kniearthrose ungeahnte Möglichkeiten durch ein massgeschneidertes, individuell gefertigtes Implantat bei weitgehender Erhaltung der Knochensubstanz.
Dr. Waldemar Komorek, Facharzt FMH für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Belegarzt am Spital Einsiedeln, setzt den massgeschneiderten Kniegelenksersatz seit Anfang 2017 am Spital Einsiedeln erfolgreich ein. Jeder fünfte Patient und bei den jüngeren Patienten sogar jeder dritte hat nach einer Knie-Totalprothese Schwierigkeiten. Jedes Kniegelenk hat seine individuellen knöchernen Anteile und Bandansätze, welche zu einem individuellen Design mit einer eigenen Gelenklinie zusammengewachsen sind. Die Problematik beginnt damit, dass der behandelnde Arzt bisher nur zwischen Total- und Teilprothesen entscheiden konnte. Ist diese Entscheidung getroffen, bietet sich ihm lediglich eine beschränkte Auswahl standardisierter Konfektionsgrößen bei den Knieprothesen. Die Folgen sind Kompromisslösungen, was Beweglichkeit und Stabilität der Prothese anbelangt. Letztlich wird das Knie an die Prothese angepasst und nicht die Prothese an das Kniegelenk, was zu Gewöhnungsproblemen und Unannehmlichkeiten für den Betroffenen führt. Gesucht ist deshalb eine Lösung, die sich flexibel an das Knie des Patienten anpasst.
Eine vielversprechende Innovation in der Medizintechnik bietet die Lösung
Die massgeschneiderte Knieimplantate aus dem 3D-Drucker. Sie ermöglichen es in bisher ungekannter Präzision, das Implantat der individuellen Anatomie des Gelenks anzupassen, indem nur tatsächlich arthrotische Gelenkteile ersetzt werden und möglichst viel vom ursprünglichen Kniegelenk erhalten bleibt. Die erfreuliche Folge ist der Erhalt der gewohnten Kinematik, der Bewegungsform des Kniegelenks.
Virtuelle 3D-Rekonstruktion
Grundlage dieser neuartigen Herstellungsverfahrens ist eine Computertomografie des betroffenen Knies. Die dabei gewonnenen patientenspezifischen Daten bilden die Basis für die virtuelle 3D-Rekonstruktion des individuellen Implantats, welches dann im 3D-Druckverfahren gefertigt wird. Ein besonderer Vorteil des Verfahrens besteht in der Möglichkeit, mehrere Teilimplantate miteinander zu verbinden. Dies erlaubt es, statt des ganzen Knies zum Beispiel nur zwei Drittel zu ersetzen und ein Drittel gesundes Gewebe zu erhalten. Die Bänder bleiben dabei vollständig unangetastet. Unter diesen verbesserten Umständen bleibt die Kinematik so erhalten, wie man an sie gewöhnt ist, was einen wesentlichen Vorteil für den Patienten darstellt. Indem das Gelenk, ähnlich wie bei einer Zahnkrone, mit Metall beschichtet wird und wesentlich mehr Knochensubstanz erhalten bleibt als bei einer herkömmlichen Standardprothese, profitieren besonders jüngere Patienten, die beispielsweise sportlich aktiv sind. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Erhalt von deutlich mehr Knochensubstanz eventuelle, weitere Behandlungen in der Zukunft erleichtert. Falls zum Beispiel Jahrzehnte später altersbedingte Arthrose, die Lockerung eines Implantats durch Knochenschwund oder eine Entzündung des Knochens durch Abrieb desselben einen neuerlichen Eingriff erforderlich machen, erhöht der bessere Erhalt von Knochensubstanz die Zahl der Behandlungsoptionen.
Zahlreiche Vorteile des neuen Verfahrens
Aufgrund der Neuheit des Verfahrens liegen noch keine Längsschnittstudien vor. Dennoch konnten bereits viel-versprechende Erfahrungen gesammelt werden: So berichten Patienten, dass sich ihr Knie sehr bald nach der Operation wieder natürlich anfühlt. Sie erleben weniger stark ein Fremdkörpergefühl als Patienten mit Stan-dardprothesen, sodass ihnen schon bald nicht mehr so präsent ist, dass sie nun ein Implantat im Knie tragen. Patienten mit Knieprothesen mussten bisher etwa ein Jahr Geduld aufbringen, bis sie sich an ihr künstliches Kniegelenk gewöhnt hatten. Die erheblichen Vorzüge der neuen Behandlung werden dagegen schon nach etwa vier Monaten deutlich. Nach dieser Zeit ist ungefähr die Hälfte der Patienten einigermaßen zufrieden, denkt aber noch immer viel an das Knie. Dagegen berichten nach vier Monaten praktisch alle Patienten mit mass angefertigten Implantaten von einem sehr guten Gefühl und dass sie nicht mehr oft an das Knie denken.
Die Vorteile der neuen Methode fallen ins Auge. Die sehr hohe Passgenauigkeit, sowie der bessere Erhalt von Knochensubstanz, wirken sich förderlich auf die Genesung aus. Die Rehabilitationszeit ist kürzer. Das Implantat wird kaum noch als Fremdkörper wahrgenommen. Patienten, bei denen man sich vorher zur Einsetzung einer Totalprothese gezwungen sah, profitieren von der massgeschneiderten Lösung, da wesentlich weniger nicht erkranktes Gewebe entfernt werden muss. Die gewohnte Bewegungsgeometrie des Knies bleibt im Unterschied zur Konfektionsprothese nach der Operation weitgehend erhalten. Bei jüngeren Patienten lassen sich kleinere Defekte anatomisch präzise durch eine Neubeschichtung ausgleichen. Insgesamt lässt sich sagen, dass das neue Verfahren zukunftsweisend ist und überzeugende Resultate erzielt werden.
Für weitere Informationen:
Spital Einsiedeln, Reto Jeger, Direktor, Tel 055 418 58 60
Zentrum für orthopädische Chirurgie und Sportverletzungen, Pfäffikon SZ, Dr. Waldemar Komorek, Tel 55 410 40 00
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